Der Unfall
Nebelschwaden schwebten um das Hochhaus. Wolfgang blätterte lustlos in den Polizeiberichten der vergangenen Nacht und schaute dann aus dem Fenster. Als wäre der Fernsehturm in Watte gepackt", sagte er zu seiner Kollegin und trank einen Schluck Kaffee. Eine schläfrige Stille breitete sich im Büro der Zeitungsredaktion aus. "Seine Kollegin gähnte: "Gibt`s was besonderes?" "Die Grünen scheinen eine ruhige Nacht gehabt zu haben." Wolfgang setzte die Kaffeetasse auf den Schreibtisch und blätterte die Faxe noch einmal durch. "Zehn Einbrüche, einige Kneipenschlägereien und ein Verkehrsunfall; das übliche! Außerdem ist mal wieder einer zu schnell gefahren. Wahrscheinlich war er besoffen - selber schuld. Interessiert heute keinen mehr." Wolfgang warf die Unterlagen achtlos auf den Schreibtisch. "Lies doch mal den Unfallbericht vor." Claudia beugte sich über den Schreibtisch. "Vielleicht lässt sich damit ein Lückenfüller schreiben." Gedankenverloren drehte sie die Tasse in ihren Händen. Wolfgang nahm die Papiere und lehnte sich zurück: "Gegen 4.00 Uhr morgens kam auf der Bundesstraße fünf, in Richtung Nauen, ein Sportwagen von der Fahrbahn. Der achtzehnjährige Steffen Senders verstarb noch am Unfallort." "Steffen ... Mein Gott, Steffen!" Claudia setzte erschrocken die Tasse ab.
Die Bandscheibe
"Die Bandscheibengeschichte!" Kunigunde erhob sich. "Ich erledige das!", triumphierte sie, nahm die Tabletten und stolzierte auf Zimmer acht zu. Die Bandscheibengeschichte langweilte sich und der dazugehörende Patient ebenfalls. "Herr Singers¦" Mit diesen Worten riss sie die Tür auf und stürmte herein. "So, jetzt nehmen wir unsere Schlaftabletten." Da Ferdinand Singers Blutkreislauf noch immer mit dem Adrenalin seiner Langeweile verstopft war, lies er Kunigundes Angriff mit seinem ich hab auch keine Ahnung, Gesicht ins Leere laufen. "Weshalb wir?", schmunzelte er. "Es ist doch verboten." "Was soll verboten sein?" Die Oberschwester war überrascht, die erste Schlacht so schnell verloren zu haben. "Im Dienst schlafen." "Ich will nicht schlafen!" Das Gesicht der Angreifenden nahm langsam die feuerrote Farbe ihrer Haare an. "Ich bin im Dienst." "Dann würde ich Ihnen empfehlen keine Schlaftablette zu nehmen." Ferdinand setzte sich mit seinem Oberkörper in die Aufrechte. "Ich denke, Sie sind krank, Herr Singers!", fauchte es aus ihrem breiten Mund. "Sonst wäre ich ja nicht hier."
Ruwen Wielko - Vom Anfang
"Ruwen Wielko", schnarrte es plötzlich aus dem Lautsprecher über einer Tür. "Zimmer zwanzig, bitte." Wie ein Magnet zog das Geplärre die Blicke der Wartenden auf den Mann, der sich vor den neidischen Blicken in das Zimmer flüchtete. Die attraktiven Zeiten seiner Jeans waren schon lange vorbei. Seine Hände zitterten, als er sich über sein fettiges Haar strich. Seine Lederjacke schimmerte, als käme sie aus einer sauberen Welt. Ruwen zog die Tür hinter sich zu, beugte etwas seinen Oberkörper, ging langsam auf den Schreibtisch am Fenster zu und blieb erwartungsvoll stehen. "Nehmen Sie bitte Platz", forderte ihn der Sachbearbeiter auf, ohne von der Akte aufzublicken. Ruwen setzte sich auf die Kante des Stuhls. "So, Herr Wielko, die Papiere sind fertig." Dabei legte er ihm einen Stapel Formulare vor. "Kostenübernahmeschein für eine Wohnung und ihre Beihilfe zum Lebensunterhalt." Er zeigte mit dem Kugelschreiber auf eine freie Stelle. "Hier unten bitte unterschreiben." "Darf ich?" Ruwen zeigte auf den Stift, vergebens versuchte er das Zittern seiner Hände zu unterdrücken. Der Mann seufzte einmal auf und legte den Stift auf die Unterlagen. Seine Hand blieb in der Nähe, jederzeit bereit, diesen Gegenstand vor dem Verschwinden in Ruwens Jacke zu bewahren. "Ihr Geld bekommen Sie unten an der Kasse." Ein leichtes Lächeln huschte über das Gesicht des Beamten, als er ihm die Kopien zuschob. "Wir sehen uns zum nächsten Ersten um zehn Uhr wieder", verabschiedete er Ruwen.
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